Aloisiuskolleg
Gymnasium der Jesuiten für Mädchen und Jungen

Ist Gesundheit wichtiger als Freiheit?

Martin Schäuble liest aus seinem Roman „Cleanland“

AKO 5. Oktober 2021 — Nehmen wir einmal an, ein Staat will seine Bürger für immer schützen. Nehmen wir einmal an, dass sich dieser Staat „Cleanland“ nennt, sich gegen die anderen abschottet und in jedem erdenklichen Lebensbereich für die Sicherheit seiner Bürger sorgt. Aber um welchen Preis? Die Einwohner müssen stets einen Protector, einen sie überwachenden Ganzkörperanzug, ein Gesundvisier und einen Controller, der immer aktiviert und nicht abgelegt werden kann, tragen. Was braucht es zum wirklichen Schutz vor Pandemien? Martin Schäuble entwirft in der Enge seiner Schreibstube bei Beginn der ersten Corona-Nachrichten eine beklemmend realistische Dystopie, eine Welt, in der jeder Bewohner der permanenten technischen Überwachung unterliegt, und die ihren eigenen Gesetzen folgt: „Kontrolle dient der Gesundheit!“ Aber ab wann kippt solch ein System?

Der Autor liest nicht nur eindrucksvoll aus seinem Buch, so dass die Schülerinnen und Schüler der Stufe 8 gebannt zuhören, sondern er gibt ganz im Sinne der Veranstaltungen von Käpt´n Book unseren Jugendlichen viel Raum für Fragen. Und die sind sehr konkret: Woher bekommen die ihr Essen? Steril und ohne erkennbare Einzelbestandteile – angeliefert von der Firma „Gesund und fertig“. Wie sieht eine Wohnung aus? Ebenso steril, mit Sicherheitsschleuse, die Fenster stets gegen Fremdpartikel geschlossen, mit einem automatisch verschließbaren „Raum der Einsicht“ für diejenigen, die gegen Gesetze verstoßen oder auch für alte Leute.  Herr Schäuble weiß auf jedes Detail eine Antwort, er hat seine erfundene Welt erschreckend konsequent zu Ende gedacht. Und auf die Frage einer Schülerin, wann er die beschriebene Zukunft zeitlich einordnen würde, antwortet er prompt: „In 5 Jahren plus. Die Technik dafür ist in autokratischen Ländern wie China oder Russland bereits vorhanden.“

Martin Schäuble, bekannt für seine hochpolitischen Themen, will nicht neutral sein. Er setzt Statements, er provoziert Fragen – Fragen, die man mit nach Hause nimmt: Wo ist für mich persönlich die rote Linie? Wieviel Gesundheitsschutz darf es sein? Ab wann gibt man seine Freiheit ab? Herzlichen Dank, Herr Schäuble, für diese fesselnde Lesung!