Aloisiuskolleg
Gymnasium der Jesuiten für Mädchen und Jungen

Planet Erde, Raumschiff Berlin – Haben Politik und Politiker noch Kontakt zur Realität?“

Dr. Thomas de Maizière, langjähriger Bundesminister und Abgeordneter des Deutschen Bundestages, war zu einer Begegnung mit den Schülerinnen und Schülern der Oberstufe am AKO. Sein dritter Besuch seit seinem Abitur 1972, wie er sagte.
Die neue SV hatte zusammen mit ihren Vorgängern die Veranstaltung perfekt vorbereitet und moderiert. Victor Abs, der neue Schülersprecher des AKO, führte in die Veranstaltung ein. Zu Beginn wurden acht Zitate von Politikern aus zwei Jahrhunderten eingespielt. Die Schülerschaft war aufgefordert, sich von den Stühlen zu erheben, wenn sie zustimmt, oder sitzen zu bleiben, wenn sie dem Zitat nicht zustimmen wollen. Anschließend gaben die Zitate de Maizière Gelegenheit, seine Überzeugung von Politik zu formulieren. Dann stiegen die vier Schülervertreter auf dem Podium mit ihm in die Diskussion ein.
Vielfach ging es um ganz grundlegende Fragen der Akzeptanz und Gestaltung von Politik. De Maizière stammt zwar aus dem Westen, war aber schon seit vor der Wiedervereinigung beim Aufbau der demokratischen Strukturen in Ost-Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Dresden engagiert. Deswegen konnte er sehr glaubwürdig um Respekt für die Bürgerinnen und Bürger der ostdeutschen Bundesländer werben (und ein paar gelungene Witze der Ossis über die Wessis verraten*) Doch er machte auch klar, dass die Menschen der ehemaligen DDR es in einem für Westdeutsche nicht vorstellbarem Maß geschafft haben, Veränderungen zu tragen und Neues zu gestalten. In diesem Veränderungsstress seit 1989 sieht er einen wesentlichen Grund, warum rechtspopulistische Kräfte im Osten stärker sind. Viele, vor allem der älteren, sind von den vielen Zumutungen erschöpft. Nüchtern und realistisch stellte er fest, dass in einer dynamisch sich verändernden Gesellschaft ein bestimmter Prozentsatz an Rechtspopulismus wohl unvermeidbar sei. Diese Menschen dürfe man aber nicht ausgrenzen, sondern müsse der Ideologie durch inhaltliche Positionen in den grundlegenden Fragen begegnen.

Zunehmend hatte man den Eindruck, dass de Maizière sich in diesem Rahmen wohlfühlt und sehr offen und persönlich zu den verschiedenen politischen Fragen, die ihm gestellt wurden, Stellung bezieht. Das hat auch geholfen, dass in der zweiten Hälfte der zweistündigen Veranstaltung zunehmend Fragen aus dem Publikum kamen.
Es ist deutlich, dass in der Kommunikation ein Graben zwischen der Erwartung der Jugendlichen und dem besteht, was Politiker der älteren Generation gewohnt sind und gut können. Eine Influencerin anzuheuern, um die CDU cool aussehen zu lassen, wäre da sicher nicht ausreichend, meinte de Maizière, und räumt ein, dass es in dem sich so rasant wandelnden Feld der neuen Medien an Erfahrungen fehlt, und die großen staatlichen Institutionen und politischen Parteien erst noch lernen müssen, damit umzugehen.
Letztlich war der Besuch eine große Ermutigung und ein Aufruf, sich für diesen Staat und diese Gesellschaft zu engagieren. Thomas de Maizière hat durch die Weise, wie er Verantwortung wahrgenommen hat, gezeigt dass man etwas bewegen kann, auch ohne viel Lärm und populäre Vereinfachungen.
Vielen Dank an Dr. Thomas Damast, der den Tag mit den Schülerinnen und Schülern zusammen vorbereitet hat; ohne eine solche Vorbereitung wäre das Gespräch nicht so gut gelungen.

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* Warum brauchen die westdeutschen Schüler jetzt doch G9, während die Ostdeutschen immer schon mit G8 auskamen? – Die Westdeutschen nehmen immer zusätzlich ein Jahr Schauspielunterricht.